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Ukrainischer Vorstoß
Russland ruft nationalen Notstand in Kursk aus – Video zeigt ausgebrannten Konvoi
Stand: 16:53 UhrLesedauer: 4 Minuten
Die Ukraine hat in der Nacht mehrere russische Regionen mit Drohnen angegriffen. Getroffen wurde dabei auch ein Militärflugplatz. In Kursk versuchen die russischen Truppen, die Ukrainer zurückzuschlagen.
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Die russischen Streitkräfte kämpfen im Gebiet Kursk nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau weiter gegen einen Vormarsch ukrainischer Truppen. Die Behörden stuften den bereits geltenden Ausnahmezustand in der russischen Grenzregion zur Ukraine zu einem nationalen Notstand hoch.
Mit Flugzeugen und Artillerie seien ukrainische Versuche, tief ins Gebiet Kursk vorzudringen, zurückgeschlagen worden, hieß es in dem Moskauer Militärbericht. Seit Beginn des ukrainischen Angriffs am Dienstag hätten die Truppen Kiews bis zu 945 Soldaten und 102 Stück Panzertechnik verloren, darunter 12 Panzer. Die Rede war auch von westlicher Militärtechnik. Zerstört worden seien etwa fünf Radschützenpanzer vom US-Typ Stryker.
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Von deutscher Technik war in dem Bulletin keine Rede. Die russischen Militärangaben sind von unabhängiger Seite nicht überprüfbar. Nach Darstellung des Ministeriums gab es Kämpfe in mehreren Siedlungen des Gebiets Kursk, darunter auch im westlichen Teil der Stadt Sudscha.
Ein in den sozialen Medien veröffentlichtes und von der Nachrichtenagentur Reuters verifiziertes Video zeigt einen Konvoi ausgebrannter russischer Militärlastwagen in der russischen Oblast Kursk. Die Fahrzeuge stehen entlang einer Autobahn. Auf dem Video sind rund 15 Lastwagen zu sehen, darunter einer mit der Kennzeichnung Z. Dies ist das in Russland gebräuchliche Symbol für die dort als „spezielle Militäroperation“ bezeichnete Invasion der Ukraine.
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Reuters konnte anhand von Gebäuden, Bäumen und Straßenverläufen den Ort in der Aufnahme als das Dorf Oktjabrskoje verifizieren. Es war jedoch nicht festzustellen, wann genau das Video aufgenommen wurde.
Angriff auf russische Luftwaffenbasis
In der Nacht auf Freitag griff das ukrainische Militär außerdem mehrere russische Regionen mit Drohnen an. Nach einem Angriff auf einen Militärflugplatz bei der Stadt Lipezk rund 300 Kilometer nördlich von der ukrainisch-russischen Grenze in der Nacht kam es zu massiven Explosionen in einem Munitionslager.
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Gouverneur Igor Artamonow teilte bei Telegram mit, um die Stadt Lipezk sei zur Beseitigung der Folgen der Explosionen der Notstand erklärt worden. Vier Dörfer um den Militärflughafen sollten evakuiert werden. In Lipezk und Umland wurde laut dem Gouverneur der öffentliche Nahverkehr gestoppt. Es kam wegen Schäden an einer Energieanlage zu Stromausfällen. Infolge der Angriffe seien neun Menschen verletzt worden. Der Militärflughafen liegt gut 280 Kilometer Luftlinie von der ukrainischen Grenze entfernt.
Das ukrainische Militär äußerte sich auch zu dem Angriff. Dabei seien „Depots mit Lenkbomben und andere Einrichtungen im Bereich des Luftwaffenstützpunkts“ getroffen worden, erklärte der ukrainische Generalstab. „Es brach ein Großbrand aus, und es wurden mehrere Detonationen gemeldet“, hieß es weiter. Auf dem Flugplatz außerhalb der gleichnamigen Regionalhauptstadt Lipezk seien russische Kampfflugzeuge vom Typ Su-34, Su-35 und MiG-31 stationiert.
Angriffe auch auf die Krim
In der Nacht wurden heftige Explosionen und Brände in der russischen Ortschaft Rylsk im Raum Kursk gemeldet, wie das ukrainische Nachrichtenportal „Kyiv Independent“ unter Berufung auf prorussische Telegram-Kanäle berichtete. Die Ursache der Explosionen sei noch unklar.
Luftalarm wurde ebenfalls in den benachbarten Gebieten Brjansk, Belgorod und Woronesch ausgelöst. Über 70 Drohnen seien abgefangen worden, teilten die Behörden mit. Über Kursk seien zudem weitere vier Raketen abgeschossen worden.
Auch auf der von Russland annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim wurden ukrainische Angriffe verzeichnet. Drei ukrainische Drohnen und eine Rakete des Typs „Neptun“ seien über dem Meer vor der Hafenstadt Sewastopol abgeschossen worden, teilte der von Moskau eingesetzte Gouverneur der Großstadt, Michail Raswoschajew, mit. Zudem seien auch drei Seedrohnen zerstört worden. Über Schäden wurde vorerst nichts bekannt. Die Angaben von russischer Behördenseite ließen sich nicht unabhängig bestätigen.
„Russland soll spüren, was es getan hat“, sagt Selenskyj
Aus Kiew gibt es nun erste mögliche Erklärungen zu dem Überraschungsangriff auf russisches Staatsgebiet. „Russland hat den Krieg in unser Land gebracht und soll spüren, was es getan hat“, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen in Kiew verbreiteten Videobotschaft. Dabei erwähnte der Staatschef die seit Dienstag andauernden Kämpfe ukrainischer Soldaten auf russischem Gebiet im Raum Kursk nicht.
Der Berater in Selenskyjs Büro, Mychajlo Podoljak, wies auf die internationale Reaktion zum ukrainischen Angriff auf die Region Kursk hin. Die Reaktion sei „absolut ruhig, ausgewogen, objektiv“ und richte sich nach dem „Geist des internationalen Rechts“ und nach den „Prinzipien der Führung eines Verteidigungskrieges“, teilte Podoljak auf Telegram mit. Zuvor hatte etwa die EU erklärt, die Ukraine habe in ihrem Verteidigungskampf gegen den russischen Angriffskrieg das Recht, auch das Gebiet des Aggressors zu attackieren.
Reuters/dpa/luz/lk/ll